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3. Flugbericht und Einstellungen

Mai 28, 2022

Der Winter war dieses Jahr gefühlt sehr, sehr lang. Wobei bei uns an der Küste der Winter meist genauso aussieht wie der Herbst und der Frühling, also stürmisch, regnerisch und bedeckt.

Umso mehr freute ich mich auf den ersten Tag, der es mir erlaubte, den Erstflug durchzuführen. Ohne diesen mache ich erst einmal nicht weiter, denn wer weiß, was ich noch optimieren muss oder will. Da Du aber den Erstflug bereits als Teaser aus dem letzten Abschnitt kennst, springe ich gleich zu den viel aufwendigeren Einstell- und Testflügen und fasse die gewonnen Erkenntnisse der Einfachheit halber zusammen. Verzeih mir also, wenn die Abgrenzung und Fotos zwischen Erst- und Testflug diesmal nicht immer trennscharf ist. 

Video vom Erstflug

3.1. Der Start

Meine Herz klopfte. Ich war nervös. Im Falle der Depronjets ist das Hauptproblem, dass für den Start exakt ein Versuch zur Verfügung steht. Ansonsten heißt es Reparieren oder Abbruch.
Da das Modell nicht am Rumpfboden gehalten werden kann (außer Du hast sehr, sehr große Hände) und der hinten liegende Propeller eine drehende Gefahrenquelle ist, hielt ich das Modell mittig an der linken Tragfläche fest. Zum Start beförderte ich es mit einer 90 Grad Drehung in einem Diskuswurf und etwas Kraft in die Luft. Ich achte darauf, dass ich das Modell in einem leichten 30 Grad Winkel nach oben warf und die Tragflächen parallel zum Boden ausrichtete.
Das Modell zog sofort nach rechts und steil nach oben und musste mit viel Trimmung auf Kurs gebracht werden. Ich schob diesen Umstand auf den Antriebsstrang und vermutete, diesen nicht exakt gerade ausgerichtet zu haben. Der Schwerpunkt schien in Ordnung und die wenigen Klicks Höhenrudertrimmung veranlassten mich nach ein paar Platzrunden in die Testflugphase überzugehen.

3.2. Allgemeines Flugverhalten

Die F-22 fliegt. Sie liegt gut in der Luft und fühlt sich wesentlich leichter an, als ich es erwartet hätte. Es ist, als hätte das Flugzeug ein Luftkissen unter sich. Genau diesen Effekt hatte ich mir erhofft, denn die zusätzlichen Auftriebsflächen erfüllen ihren Dienst. Allerdings ist auch der Luftwiderstand nicht zu unterschätzen und das Modell entsprechend träge und langsam. Die Beschleunigung und Schubkraft reicht für alle Manöver aus, aber Geschwindigkeitsrekorde werde ich mit der Maschine nicht brechen. Oder ist der Motor am Ende doch zu schwach?

3.3. Flugverhalten bei Wind

Der Vorteil des durch den Rumpf zusätzlich erzeugten Auftriebs, ist gleichzeitig eine Schwachstelle. Bei Gegenwind, der ja prinzipiell den Auftrieb bei gleichbleibender Geschwindigkeit erhöht (s. Abschnitt: "Wind und Thermik") und sich somit addiert, erzeugt das gesamte Flugzeug derart viel Gesamtauftrieb, dass es sofort beginnt zu steigen. Verlangsamen scheidet als Gegenmaßnahme aus, da dann die Wirkung der Ruderflächen reduziert wird. Also heißt es trimmen.

Der zweite Effekt betrifft die großen Leitwerke und Windanfälligkeit, insbesondere im Crosswind, also von der Seite. Das Modell ist sehr empfindlich, und ohne Seitenruderzugabe bei Seitenwind nicht zu landen. Hierzu zeige ich Dir ein kurzes Video, was diesen Effekt extrem verdeutlicht.

Die F-22 ist somit ein "Show & Shine" Schönwetterflieger, den ich ab Windstärke Bft 3+ lieber am Boden lasse.

Extremer Einsatz der Seitenruder bei einer Landung mit Seitenwind. Mehr Worte bedarf es nicht.

3.4. Seitenleitwerke und induzierte Rollneigung

Die Seitenleitwerke machen das Modell trotz Ihrer, durch die Schrägstellung, verringerten Angriffsfläche für den Wind, extrem anfällig für Seitenwind.

Dafür überraschen die daran befestigten Seitenruder.

Die Tendenz für Rollneigung war weniger ausgeprägt, als erwartet. Im Normal- und Langsamflug kann man mit Ihnen sehr schön das Modell in der Spur halten und notfalls mit leichtem Querruder abstützen. Bei höheren Geschwindigkeiten kommt der Effekt dann zwar dennoch zum Tragen, fällt aber nicht negativ auf. So lässt sich das Flugzeug mit 3/4 Gasposition allein durch die Nutzung der Seitenruder durch Kurven bewegen.

3.5. Flaperons und Spoilerons

Die Wirkung dieser programmierten Querruderfunktionen habe ich noch nicht abschließend ergründet und werde dies nachtragen.

Die Wirkung fiel deutlich anders und wesentlich heftiger aus.

Mit Ausfahren der Flaperons, die als Landeklappenersatz fungieren sollten, begann das Modell nicht etwa zu steigen, sondern nahm sofort die Nase runter. Das Flugverhalten änderte sich erst einmal nicht merklich. Unnötig zu erwähnen, dass die Spoilerons (also beide Querruder nach oben) dafür sorgten, dass die F-22 nun die Nase nach oben nahm.

Die Erklärung dafür bleibe ich schuldig. Ich vermute aber einen Effekt aus dem starken Gegenwind, dem weit vorne befindlichen Schwerpunkt (also Abstand Schwerpunkt zu den Querrudern) und dem in einer Ebene liegenden Höhenleitwerk und der damit verbundenen Anströmung.

Ich werde berichten.

3.6. Luftbremse

Genau wie bei z.B. der F-18 lassen sich beide Seitenruder entgegengesetzt steuern. Per Schalter schlagen sie synchron nach innen. Dies bewirkt, dass das Heck abbremst und nach unten gedrückt wird. Der Effekt ist stärker als bei klassischen Landeklappen, kann aber mit den Höhenruder und der Gasposition ausgesteuert werden. Wer dies einmal erlebt hat und anschließend einen langen Gleitflug durchführt, der weiß, warum eine F-18 für Trägerlandungen genau diese Konfiguration nutzt.

Die Erklärungen dafür sind vielfältig. Ich habe Dir einmal meine besten drei Theorien aufgelistet.

a) Der Luftdurchlass zwischen den Leitwerken wird verengt und die Luft staut sich. Damit ergibt sich die Bremswirkung.

b) Ein Teil der gestauten Luft wird durch die Leitwerke nun beschleunigt (Venturi Effekt), ein anderer Teil aber nach oben abgelenkt. Daher drückt es das Heck nach unten.

c) Die schrägen Leitwerke, bzw. die nach hinten geneigte Drehachse, verhalten sich wie V-Leitwerke. Es beinhaltet also immer auch eine Höhenruderkomponente.

Welche meiner Theorien auch immer zutrifft, der Effekt ist deutlich und bei Landungen zum Vorteil nutzbar. So wie abgebildet, geht das Flugzeug ohne Steuerimpulse in einen leichten High-Alpha Flugzustand über und hält diese Position selbstständig.

3.7. Langsamflug/High-Alpha/Gleitflug

Durch die guten Auftriebswerte lässt sich das Modell auch langsam und mit mittlerem Anstellwinkel fliegen und wichtiger noch: beherrschen. Es gibt keine Tendenzen zum Strömungsabriss und ein auf Sicherheitshöhe durchgeführter Versuch hierzu äußert sich lediglich in einem heftigen Schütteln und Wackeln der Tragflächen, bevor die F-22 mit gezogenem Höhenruder in den Sinkflug übergeht. Die Nase bleibt dabei stets über dem Horizont. Ohne Schubvektorfunktion bleibt es aber bei diesem mittleren Anstellwinkel, der von den 70 Grad aus der Literatur noch weit entfernt ist.

Anzumerken bleibt noch, dass die Querruder im Langsamflug ihren Dienst quittieren und deutlich ineffizient werden.

3.8. Schub-Vektorstuerung

Jetzt aber zur Hauptattraktion. Auf dreifacher Sicherheitshöhe schalte ich die Schubvektorsteuerung zu. Ich hatte die Werte äußerst vorsichtig auf zunächst wenige Millimeter gesetzt und war erstaunt, denn ich merkte keine besondere Änderung des Flugverhalten. Es fühlte sich eher so an, als hätte ich die Höhenruderausschläge vergrößert und nicht eine zusätzliche Funktion aktiviert.

Erkenntnis: Sehr gut.

Durch den Schubvektor und die kleinen Ausschlägen kann ich die Höhenruder in ihrer Wirkung reduzieren. Aufgrund der großen Flächen erzeugen diese nämlich ebenfalls Luftwiderstand, welcher das Modell abbremst.
Jetzt zum Vollausschlag. Diesen hatte ich relativ aggressiv angesetzt und war sofort erstaunt, wie die Maschine durch einen Looping schob. Ohne Zutun oder besonderes Augenmerk flog sie einen leichten Kulbit (Kunstflugmanöver) und auch ein Mongo-Flip gelang auf Anhieb. Zumindest war er im Ansatz erkennbar. Die Ausschläge, sowohl der Höhenruder als auch der Schub-Vektorsteuerung werde ich aber massiv erhöhen und dazu auch die Anlenkungen umhängen.

3.9. Kunstflug

Einfache Kunstflugfiguren wie Rollen gelingen sauber, wenn auch etwas träge. Die vorgeschlagenen Ausschläge sind gut eingestellt und sollten nicht weiter reduziert werden.

Das einzige was mich abschließend faszinierte, jedoch gleichzeitig störte, war das Flugbild. Dieses wirkt, als würde man das Modell in Zeitlupe fliegen. Langsam, träge und nicht ein Luftüberlegenheitsjäger der neuesten Generation.

Dieses Phänomen beleuchte ich aber im letzten Abschnitt und erkläre auch, warum dies überhaupt keine Problem, ja möglicherweise sogar ein Vorteil ist.

3.10. Die Landung

Landungen gelingen lehrbuchhaft. Trotz des Gewichts lässt sich das Modell mit normalem Anstellwinkel absetzen. Pass jedoch auf den Antrieb und die Tailerons auf, denn diese haben sonst als erste Bodenberührung und könnten dabei beschädigt werden. Besser ist also ein flacher Anflug mit leichtem Anstellwinkel. Da das Modell am Rumpfboden verstärkt ist, kannst Du auch ausgedehnte Rutschpartien auf Gras, Schotter und sogar Asphalt in Kauf nehmen. Die weiße Folie musst Du dann halt ein Mal öfter ersetzten.

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